Finkenmanöver im Harz
Der Finkenwettstreit in acht Harzer Ortschaften hat Teile eines alten Frühlingsbrauchs bewahrt, der früher quer durch Mitteleuropa verbreitet war. Es gibt zwei Disziplinen: Schönheitsklasse und Kampfklasse, wobei die Kampfklasse in Starkklasse und Distanzsingen unterteilt ist. Im Schönheitswettbewerb wird der Gesang eines einzelnen Finken, der Finkenschlag, bewertet – Vollständigkeit der Gesangsteile (Eingang, Übergang, Mittelteil, Ausklang), Sauberkeit des Vortrags und Tonlage über fünf Minuten. Sieger ist der Buchfink mit der höchsten Punktzahl.
In der Starkklasse stellen die Finken früh morgens kreisförmig in Abstand von mindestens einem Meter zueinander. Nach etwa fünf Minuten rücken sie enger zusammen; wer nicht mehr singt, scheidet aus. In fünf Kreisen wird dichter gestellt, im sechsten Kreis sind es nur noch wenige Zentimeter. Auf Kommando wird jeder volle Gesang auf einer Karte markiert. Derjenige Fink, der in den letzten fünf Minuten die meisten Schläge liefert, gewinnt.
Beim Distanzsingen stehen die Käfige auf einer etwa 1,60 m hohen Bretterstelle in einer Reihe mit einem Meter Abstand. 30 Minuten lang werden alle Gesänge notiert – der Buchfink mit den meisten Gesängen gewinnt. Ein stark gesanglicher, gut trainierter Fink schafft leicht 300 Schläge pro Durchgang.
Durch den engen Kontakt mit den Vögeln besitzen die Finker spezielles Wissen, das teils selbst Ornithologen unbekannt ist. Dieses Wissen wird in Harzdörfern oft von Generation zu Generation weitergegeben – als Finkerdynastie. Der Finkenwettstreit ist fest verankert in regionalen Volksliedern und im Bewusstsein der Harzer.